D2C und die Auswirkungen auf den Handel

Holzwürfel mit Laden-, Warenkorb-, Mensch- und D2C-Symbol

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D2C D2C und die Auswirkungen auf den Handel

Publiziert am 03.08.2023 von Derya Kilic, Digital Commerce Consultant, Schweizerische Post

Die Coronapandemie hat Entwicklungen in Arbeitswelt und Handel an vielen Stellen stark beschleunigt. Dazu zählt auch der Direktvertrieb an die Kundschaft (D2C). Wird der Handel damit überflüssig und wie reagiert er am besten auf dieses Phänomen?

Ein Unternehmen, bekannt für seine Staubsauger, bringt es in den TV-Spots auf den Punkt: «Kaufen von denen, die es gemacht haben». Der Satz suggeriert unterschwellig schon einmal, als sei der Kauf direkt beim Hersteller völlig anders oder besser, als den klassischen Weg zu gehen.

Im Zuge der Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sahen sich nicht wenige Hersteller dazu gezwungen, mehr oder weniger über Nacht einen Vertriebskanal in Eigenregie aufzubauen. Denn auf das bisher bewährte Vertriebsnetz konnten die Firmen nicht mehr zugreifen, da die Läden geschlossen waren. Ein Ansatz, der auf fruchtbaren Boden bei der Kundschaft fiel.

Realitätscheck: Wie sieht es denn bei D2C aus?

Nach einer schon länger zurückliegenden Studie von Eshop World (ESW) hat mehr als die Hälfte der 25- bis 34-Jährigen während der Pandemie vermehrt online bei Marken direkt gekauft. Matratzen von Casper, Schuhe von Allbirds oder Gewürze von Ankerkraut sind bekannte Beispiele für Marken, die sich direkt an die Kundschaft wenden. Doch inzwischen verschliessen sich selbst die Hersteller von Haushaltsgeräten nicht mehr diesem Trend. So bietet Bosch nicht nur eine App zur Steuerung seiner Geräte. Die Anwendung umfasst auch eine Einkaufsmöglichkeit von Zubehör, Verbrauchsmaterial und sogar neuen Geräten.

Eine Erhebung des Verbandes bevh kommt indes zu dem Schluss, dass der Vertriebskanal D2C im Jahr 2021 auf einen Marktanteil von 3,4 Prozent gekommen ist. Das klingt zunächst einmal nach einem eher überschaubaren Ergebnis (auf Englisch). Allerdings sollte die kleine Zahl nicht darüber hinwegtäuschen, dass D2C in den vergangenen Jahren mit zweistelligen Zuwachsraten stärker als der digitale Handel selbst gewachsen ist. Hier ist also immer noch viel Dynamik im Spiel.

Es liegt auf der Hand, den D2C-Vertrieb ausschliesslich mit Herstellern in Verbindung zu bringen. Das ist allerdings nur eine Facette. Denn um eine starke Marke zu entwickeln, die direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten verkauft, ist es nicht notwendig, eine eigene Fabrik oder Manufaktur zu unterhalten. Gerade auf Marktplätzen wie Amazon tummeln sich inzwischen eine Reihe von Firmen, deren eigene Leistung im Markenaufbau besteht und die einen Markennamen auf der von Dritten produzierten Ware anbringen lassen.

Vorteile für die Marken

Was aus Sicht von Herstellern und Marken für den Direktvertrieb spricht, ist offensichtlich:

  • Unabhängigkeit von Vertriebspartner: während der Pandemie sicherlich die stärkste Motivation für Hersteller. Mit dem Ausfall ganzer Vertriebslinien durch die Ladenschliessungen konnte so weiter verkauft werden.
  • Die Marke behält die volle Kontrolle über Markenerlebnis und Botschaft: Auffällig ist, dass gerade starke D2C-Marken beeindruckende Auftritte in Netzwerken wie Instagram oder Facebook unterhalten. Sie können völlig eigenständig agieren und sich so präsentieren, wie es am besten zur Marke passt.
  • Direkter Kundenkontakt: Das klingt vorderhand wie eine Binsenwahrheit. Aber D2C erlaubt es Marken und Herstellern, Daten über die Kundinnen und Kunden zu sammeln. Vom ersten Kontakt über den Verkauf bis zum gesamten Lebenszyklus eines Produkts. Das eröffnet neue Perspektiven im Marketing und stösst auch die Türen auf, die Kundinnen bei der weiteren Produktentwicklung zu beteiligen. Die Daten landen nicht bei einem Zwischenhändler, sondern können selbst genutzt werden.
  • Grössere Margen: Da auf den Zwischenhandel verzichtet werden kann, erhöht sich zwangsläufig die Marge für den Hersteller selbst. Produkte können somit auch günstiger angeboten werden, was wiederum zu Wettbewerbsvorteilen führt.

D2C: keine Chance für den Handel?

Zweistellige Wachstumsraten, viele Vorteile für Marken und Hersteller: Läuft der Handel (stationär und digital) nun Gefahr, überflüssig zu werden? Wie die Zahl des aktuellen Marktanteils von D2C am E-Commerce zeigt (selbst bei einer entsprechenden dynamischen Steigerung), ist es zweifellos noch viel zu früh, um einen Abgesang auf den Handel zu halten.

Tatsächlich ist es so, dass viele D2C-Marken recht schnell auch an die Grenzen des eigenen Wachstums kommen. Insbesondere, wenn hinter der Marke ein ambitionierter Businessplan steckt, versuchen die Unternehmen ihre Vertriebskraft zu stärken, wie Casper in den USA durch Kooperationen mit dem stationären Handel. Das kann für beide Seiten ein Gewinn sein. Die D2C-Marke sichert sich grössere Vertriebschancen. Der Handel profitiert von einer starken Marke, die möglicherweise bereits intensiv von Influencerinnen und Influencern propagiert wird.

Für den Detailhandel liefern D2C-Brands eine Blaupause, um ähnliche Projekte voranzutreiben. Zwar besitzen viele Unternehmen in den Bereichen Lebensmitteleinzelhandel, Mode oder auch Home & Garden bereits Eigenmarken, diese haben aber oftmals lediglich das Image einer günstigen Marken-Alternative. Mit entsprechender Kreativität und Mut können Handelsunternehmen von D2C-Marken lernen, um genauso zu agieren.

Derya Kilic

Als Consultant für Digital Commerce bei der Schweizerischen Post berät Derya Kilic Händler bei der konzeptionellen Entwicklung ihres digitalen Reifegrades.

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